Der Piburger See im vorderen Ötztal ist eine Oase der Ruhe; zumal jetzt, da die Sommergäste abgereist sind und das Wetter noch mild ist. Fast allein spaziert man meist an seinem Ufer entlang. Es heißt, die Ötztaler hätten sich zweimal angestellt, als Gott die Schönheiten der Natur verteilte. Viele Superlative Tirols konzentrieren sich in dem 67 Kilometer langen Tal: Spektakuläre wie der höchste Berg, die Wildspitze, oder der höchste Wasserfall, der Stuibenfall, aber auch weniger spektakuläre wie der Piburger See, der wärmste Bergsee Tirols.
Zu erreichen ist er über einen gemütlichen Wanderweg durch den Wald, der an einem sonnigen Herbsttag wirkt wie verwunschen: Jeder Fleck ist mit Farnen und Moosen bedeckt, die Luft ist feucht und duftet intensiv. Auch wenn es hier auf so engem Raum so viele Dreitausender gibt wie nirgendwo sonst in den Alpen – das Ötztal ist nicht nur für Bergfexe attraktiv. Auf 1300 Kilometern markierter Wanderwege kommen auch Familien und ältere Urlauber auf ihre Kosten, selbst im Bergsport-Mekka Sölden.
Die ruhige Seite dieses hinteren Talabschnitts entdeckt man am besten einen Tag später, gewandert wird dann von der Gletscherstraße zur nahen „Gampe Thaya“. In dieser 300 Jahre alten Almhütte lebten einst Mensch und Tier unter einem Dach. Heute wird das Haus aus altersschwarzem Lärchenholz fast das ganze Jahr über als Jausenstation benutzt, liegt es doch an einem bis spät in den Herbst hinein begehbaren Wanderweg – und mitten im Skigebiet.
Nach einer Brotzeit mit hausgemachten Produkten, vom Käse bis zum Bergblumentee, wandern wir weiter nach Hochsölden, und Führerin Michaela erzählt von ihrer Leidenschaft, die sie vor noch nicht allzu langer Zeit zu ihrem Beruf gemacht hat: die Berge. Früher arbeitete sie in einer Drogerie und erstürmte an den Wochenenden die Dreitausender ihres geliebten Ötztals. Heute führt sie Touristengruppen auf kleinere und größere Touren; privat ist sie immer noch am liebsten im Hochgebirge unterwegs. „Nicht unbedingt gescheit gesichert“, gibt sie lachend zu und ihr blonder Pferdeschwanz wippt.
Der perfekte Ausklang für einen Tag in den Bergen – ob nach einer Hochgebirgstour oder einer gemütlichen Wanderung – ist wohl das Ausspannen beim Schwimmen, Saunieren oder bei einer Wellness-Anwendung. Fast jedes größere Hotel im Ötztal wirbt mit dem Modewort „Wellness“ auf seinen Schildern und hat zumindest Sauna und ein Solarium, oft auch ein Schwimmbecken zu bieten. Doch der Höhepunkt der Ötztaler Wellness-Kultur ist Längenfeld. Seit Jahrhunderten ist der in der Mitte des Tales gelegene Ort bekannt für seine Schwefelquellen, deren wohltuende Wirkung man ab dem 16. Jahrhundert in einem hölzernen Wannenhaus, später in einem komfortablen Kurhotel genießen konnte. In den sechziger Jahren versiegte die Quelle nach einem Entwässerungsprojekt, doch schon zwanzig Jahre später versuchte die Gemeinde, die Quelle wieder zum Sprudeln zu bringen.
Heute gelangt das 3000 Jahre alte, faulig riechende Heilwasser wieder mit drei bis vier Litern pro Sekunde an die Oberfläche und kommt fast ausschließlich der einzigen Therme Tirols zugute: dem Aqua Dome, seit fünf Jahren Längenfelds Thermenparadies auf 50 000 Quadratmetern.
