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Drei Stunden im Wörlitzer Park – Ausflugstipp

Der Wörlitzer Park ist etwa auf halbem Wege zwischen Berlin und Leipzig gelegen. Das gekonnt in die Elbaue eingefügte Gesamtkunstwerk aus Natur und zahlreichen Imitationen architektonischer Reiseerinnerungen ist einem aufgeklärten Schöngeist zu verdanken.Heute werden Fotos in Alben geklebt. Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740- 1817) bettete seine „Souvenirs“ in die 112 Hektar große Parklandschaft ein, um sie seinen Freunden zu zeigen und mehr noch. Auch das Volk sollte daran teilhaben und sich bilden. Bildung, Freiheit und das Recht auf individuelles Glück waren Grundwerte der von „Vater Franz“ – – wie er im Volke genannt wurde -– umgesetzten Ideen.

Durch seine Reformen auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet verwandelte er das von ihm regierte Land während seiner nahezu 60 Jahre dauernden Herrschaft in einen Musterstaat. Und so kommt es, dass wir heute nicht nur zu Fuß von der Elbe zum künstlichen Vulkan– gelangen können. Auch andere bedeutende Kleinodien wie die venezianische Kirche Maria del’Orto oder englische Tudorgotik sind etwa in Gestalt des Gotischen Hauses im begehbaren „Fotoalbum“ des Fürsten anzutreffen. Das Pantheon erinnert an das Tor de Schiavi in Rom. Das Original des Floratempels steht bei Spoleto. Der Tempel mit der Venus von Medici hat sein Vorbild im Park der Hadriansvilla in Tivoli.

Das Wörlitzer Schloss selbst, erbaut von Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff, gilt als Gründungsbau des deutschen Klassizismus und diente dem in Dessau residierenden Fürsten als Sommersitz. Den Ausbruch des Vesuvs erlebte Franz auf seiner „Grand Tour“ persönlich, als er den Vulkan 1766 gemeinsam mit Sir William Hamilton (1730-1803), Kunstsammler und britischer Botschafter in Neapel, zu erkunden suchte. Den Vulkan, der vor den Augen seiner erstaunten Landeskinder erstmalig 1794 ausbrach, und die Kopie des neapolitanischen Landsitzes Sir Hamiltons, den dieser nach seiner 35 Jahre jüngeren Gemahlin „Villa Emma“ genannt hatte, platzierte Franz im Osten seiner englischen Gartenanlage. Die künstliche Insel „Stein“ über den nachgebildeten Grotten von Kap Misene und den Ruinen eines Amphitheaters soll die Landschaft am Golf von Neapel verkörpern. Pappeln und Agaven, eine mit Wein bepflanzte Pergola und ein Feigenwäldchen gaukeln mediterrane Vegetation vor. Über 20 Jahre war es still in und um den Vulkan, nachdem das Ensemble 1983 aus bautechnischen Gründen gesperrt wurde. Erst eine aufwändige Sanierung machte eine neuerliche Eruption möglich. Vor dieser Kulisse haucht die Theateraufführung der „Attitüden der Lady Hamilton“ auch Emma (1765-1815) neues Leben ein. Bei ihrer Konversation über das Leben, die Liebe und Vulkane ist zu erfahren, dass Sir Hamilton sogar ihre Affäre mit Admiral Nelson tolerierte, dem legendären Kriegshelden, der vor genau 200 Jahren die Seeschlacht bei Trafalgar gewann und dabei sein Leben verlor. Alles in allem ein wirkungsvoller Marketinggag.

Gut drei Stunden sollte der Besucher einplanen, will er sich einen einigermaßen umfassenden Eindruck von dem auf der UNESCO-Welterbeliste stehenden Park mit seinen rund 100 ideenreichen Sichtbeziehungen auf antike Architekturen verschaffen. Das Highlight für Kinder ist zweifellos die Kettenbrücke, die jeweils nur eine Person passieren darf. Ihre Überquerung gilt als Mutprobe wie auch der Weg durch die dunklen Grottengänge der Luisenklippe, einer wilden Felsenschlucht mit Ruinen einer mittelalterlichen Ritterburg. Wenn der künstliche Vesuv nicht aktiv ist, sind es die herbstlich gefärbten Blätter, die den Park bisweilen in leuchtendes Rot tauchen.

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