Wer würde schon eine Begegnung mit der französischen Kaiserin Joséphine ausschlagen? Im Garten Grand Courtoiseau bei Montargis, östlich von Orléans, lässt sich ein Treffen arrangieren. Natürlich lebt die große Liebe und erste Frau Napoleons I. Bonaparte schon längst nicht mehr. Um so prächtiger wächst, blüht und gedeiht Imperatrice Josephine, die Liebe von Guy Herdhebaut. Mit verschmitztem Lächeln führt der Eigentümer dieses irdischen Paradieses im Loiretal die Besucher zu dem in ehrendem Angedenken an die kaiserliche Rosenliebhaberin benannten Rosenbaum. Eigentlich ist das ganze liebliche Tal der Loire, wo sich etwa 170 Jahre lang ein Stück der glanzvollsten Geschichte Frankreichs abspielte, ein einziger Garten. Nicht umsonst wird das zum Weltkulturerbe der UNESCO erhobene Gebiet als Garten Frankreichs bezeichnet. Neben bemerkenswerten Schlössern brachte die zentral gelegene Kulturlandschaft ebenso sehenswerte Parks und Gärten aller Stilrichtungen hervor, von denen 84 der Öffentlichkeit zugänglich sind. Die Gärten des Grand Courtoiseau, nordöstlich dieser Lebensader Frankreichs gelegen, gelten allgemein als Glanzstück der Gartenarchitektur im Loiretal der Schlösser. Das heute von ehemals 600 Hektar auf sechs Hektar geschrumpfte Anwesen ist nach Geruchs- und Geräuschsinn gestaltet, erklärt Herdhebaut den Aufbau der Anlage, während er in grünen Gummistiefeln und grauem Schlapphut seine Gäste durch die vier Gartenteile führt. Nach der kaiserlichen Begegnung im Garten des Fauns wendet er sich einer weißen Rosenblüte zu, nicht ohne kräftig daran zu schnuppern. Die älteste Rosenart ,Rosa Gallica Officinalis haben die Kreuzritter aus der Türkei mitgebracht, erwähnt er die Geschichte der Blumenkönigin. Diese alten Rosenarten blühen zwar nur einmal im Jahr, verbreiten aber einen starken Duft, während moderne Rosenarten bloß schön aussehen, fügt der Gartenexperte, nun ganz in seinem Element, hinzu. Jeden faszinieren die Blütenpracht des Exotischen Gartens und die blühende Vielfalt im Garten der Antike. Hinter einer Wiese mit Magnolienbäumen erstreckt sich der Italienische Garten mit einer Reihe von Wasserbecken.
Während sich Wasserfontänen aus steinernen Mündern in die Bassins zu den Duft- und Wasserpflanzen ergießen, skizziert der Gartenbesitzer zum besseren Verständnis den unterirdischen Wasserlauf in die Luft. Kein Zweifel, dass dieser Gartenteil von der italienischen Renaissance inspiriert wurde. Inspirationen gleich zuhauf gibt es in Chaumont- sur-Loire. Schloss Chaumont liegt oberhalb des südlichen Loireufers, etwa auf halber Strecke zwischen Blois und Amboise. Im weitläufigen Schlosspark wird seit 1992 jedes Jahr das internationale Gartenfestival veranstaltet, das den ganzen Sommer über bis Oktober andauert. Jeweils 200 Quadratmeter groß sind die Schaugärten. Unter den präsentierten Projekten wählt eine Jury acht bis zehn Gartengestalter aus, sagt Gérhart Dosba, Organisator des Festivals. Anliegen sei die Förderung zeitgemäßer Gartenkunst. Chaumont dient vor allem dem Nachwuchs als Sprungbrett, meint Dosba und stellt den 28-jährigen Damien Provendier vor. Gemeinsam mit der Landschaftsarchitektin Marguerite Aimé-Sintès gestaltete er unter dem diesjährigen Motto Gärten haben ein Gedächtnis einen Cairn Garten. Steinhaufen bestimmen das Bild dieses Schaugartens. Cairns, wie diese Steinhaufen in der Fachsprache genannt werden, haben eine lange Tradition, erläutert der Botaniker. Du begegnest ihnen nicht nur in den Bergen als Markierungen. In chinesischen Steingärten beispielsweise können die Besucher so an der Gartengestaltung teilhaben, fällt ihm die 27-jährige Marguerite, die gerade mit der Harke hantiert, ins Wort. Die beiden haben Pionierpflanzen, die auf felsigen Flächen gedeihen, zwischen die Steine gesetzt, die ein trockenes Flussbett darstellen sollen. Neben verschiedenen Gartenarten stehen natürlich Blumen, Pflanzen und Sträucher in verschwenderischer Fülle im Mittelpunkt des Gartenfestivals. Der Nachbargarten ist die Kreation einer Textilschulklasse aus Lyon. Hinter dem Namen 1465-2005, Bestickte Erinnerungen verbirgt sich die Idee einer Art Gartentheater, in dem lustwandelnde Geister als Erinnerung an die Figuren des Schlosses in Gespräche vertieft sind, erklärt die Designlehrerin Francoise Tellier den interessierten Gartenfreaks. Denn es kommen nicht nur Besucher, die hier die Schönheit der Natur genießen wollen. Viele suchen auch Anregungen für den eigenen Garten.
