Hier gibt es fast keine Straße, in der nicht ein Prominenter seiner Zeit gelebt hat. Vor dem Krieg, in der DDR, nach der Wiedervereinigung. Der Künstlerort ist einen Abstecher Wert – nicht nur für Kultur- und Architekturfreunde.
Die Gemeinde erfreut sich seit der Wiedervereinigung eines bundesweit außergewöhnlichen Zuzug-Stroms. Für viele junge Familien ist der 20.000-Einwohner-Ort – kurz hinter Steglitz-Zehlendorf gelegen – schlicht der südwestlichste Bezirk Berlins. Es geht hier wenig hektisch zu, die Infrastruktur ist hervorragend, Potsdam und die Berliner Mitte sind schnell erreichbar. Im Gewerbegebiet außerhalb der Speckgürtel-Gemeinde arbeiten Tausende Menschen, u.a. bei eBay Deutschland.
Anfang des 20. Jahrhunderts begann der Aufstieg des Ortes als berlinnahe Eigenheim-Kolonie für mittelständische Familien. Schon in den Dreißiger Jahren war Kleinmachnow beliebte Heimstatt von Künstlern und Politikern. Der Bildhauer Paul Gruson war einer der ersten (in der Straße Rosenhag 4).
Später wohnte der Komponist Kurt Weill (“Die Dreigroschenoper”) mit seiner Frau in der Käthe-Kollwitz-Straße 7. Am Weinberg 5 residierte der Schauspieler Paul Henckels, bekannt als Professor Bömmel aus der Feuerzangenbowle.
Die Anziehungskraft Kleinmachnows setzte sich in der DDR-Ära fort. Nicht nur Funktionäre und Wissenschaftler aus Berlin, auch die Nähe zum Filmgelände Babelsberg lockte wieder Schauspieler, Regisseure, Autoren und Komponisten in die beschauliche Gemeinde. Dazu gehörten die DDR-Stars Chris Doerk, Veronika Fischer, Erwin Geschonneck, Herbert Köfer, Agnes Kraus und Gisela Uhlen. Die Schauspielerin Helga Göring lebte imLangendreesch 3. Zwei Häuser weiter, im Langendreesch 5b, überstand der vormalige preußische Kultusminister Adolf Grimme die Nazizeit, bis er 1942 verhaftet wurde. Später gründete er den Nordwestdeutschen Rundfunk. Nach ihm ist der Grimme-Preis benannt, eine der renommiertesten Auszeichnungen für Qualität im Fernsehen und im Internet.
In der Förster-Funke-Allee 26 lebte von 1962 bis 1976 die Schriftstellerin Christa Wolf und verfasste dort u.a. “Nachdenken über Christa T.”. Im Garten des Einfamilienhauses ist auch ihre Erzählung “Juninachmittag” angesiedelt.
Heute leben in Kleinmachnow u.a. der Schauspieler Christoph M. Ohrt.
Damit sich der Nachwuchs nicht langweilt: Kleinmachnow kann auch mit einem aktuell angesagten Prominenten aufwarten. Der Rapper Bushido hat sich im ehemaligen Seemannserholungsheim (Zehlendorfer Damm 71/71c) niedergelassen.
Einen Abstecher Wert ist neben dem Waldfriedhof (Steinweg 1b) die Hakeburg, ein schlossähnliches Gut, zwischen 1906 und 1908 errichtet. In Kleinmachnow herrschte die Familie von Hake seit den Askaniern über mehrere Jahrhunderte. 1937 ging die Hakeburg aus Geldnot an die Reichspost. Zu DDR-Zeiten errichtete die SED dort die zentrale Parteihochschule Karl Marx. Die Hakeburg war somit das ideologische Zentrum der DDR. Hier unterrichteten u.a. der Schriftsteller Wolfgang Leonhard (“Die Revolution entläßt ihre Kinder”) und die Publizistin Carola Stern. Das ZDF drehte von Sommer 2005 bis August 2006 auf dem Gelände der Hakeburg die Außenaufnahmen zur Telenovela “Wege zum Glück”. Die Hakeburg war das Außenmotiv der Villa Gravenberg.
Buchtipp:
Parade der Begegnungen. Der Künstlerort Kleinmachnow – Faber&Faber, Leipzig, 2008.
